Die Oper wurde ihr in die Wiege gelegt. Die Sopranistin Anne Katrin Rosenstock steht diese Woche im Fokus unserer Reihe „Künstler*innen hinter den Kulissen“. Sie ist langjähriges Mitglied im Opernchor des Aalto-Theaters. Schon als Jugendliche ist sie immer mit ihrem Vater in die Oper gegangen. Das war für sie das normalste der Welt: Mit 13 Jahren saß sie zum ersten Mal im Zuschauerraum bei den Bayreuther Festspielen und auf der Studienfahrt nach London war klar, dass sie ihre Lehrer*innen beknien würde, dort ins Theater gehen zu dürfen. Egal in welche Stadt sie kam, die Oper war das wichtigste Ziel.
Nach der Schulzeit studierte sie nicht nur Gesang, sondern auch Musikwissenschaft, weil sie sich besonders dafür interessierte, die Musik zusätzlich theoretisch zu begreifen und genau hinzuschauen. Schon damals war auch das Unterrichten ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens. Vor allem die Arbeit mit Kindern war immer sehr bereichernd für sie: „Kinder sind viel unverblümter und experimenteller. Mit ihnen kann man toll arbeiten.“
Schließlich landete Anne Rosenstock zuerst als Elternzeitvertretung beim Opernchor des Aalto-Theaters. An ihrem ersten Tag stand sie direkt bei „Frau ohne Schatten“ auf der Bühne, wo die Sängerinnen und Sänger komplett blau angemalt waren. Anschließend ging es dann mit den anderen Chorsängerinnen unter die Dusche, wo man sich gegenseitig abschrubbte. Die „Neue“ dachte sich mit einem Schmunzeln: „Willkommen am Theater“.
Im Gegensatz zum solistischen Gesang oder einem Rundfunkchor, berichtet die Sängerin, ein Opernchor habe einen schlechteren Ruf: Großes Vibrato, schlechter Beigeschmack. Das möchte ausgebügelt werden!
Für Anne Katrin Rosenstock ist es das aller, aller schönste, mit anderen gemeinsam zu singen. Die meisten Sängerinnen sagen, sie seien Sängerinnen geworden, um andere Menschen zu berühren. Doch für sie ist es auch toll, alleine auf der Bühne zu stehen und das Gefühl zu haben, „Jetzt kann mich hier keiner runterholen und ich mach das jetzt“. Aber das gemeinsame Singen ist natürlich auch wunderschön. Die Sopranistin arbeitet in vielen verschiedenen Besetzungen: in der Kammermusik mit Instrumentalist*innen, mit ihrem „Vokal-Quartett-Essen“ oder dem „Essener Frauenconsort“ mit acht anderen Frauen. Auch der Opernchor des Aalto-Theaters hat ein sehr hohes Niveau. Der Operngesang ist gemeinsam mit der solistischen Tätigkeit ihr Hauptberuf und erfüllt sie mit Leidenschaft.
Tatsächlich mag sie die Proben lieber als das Aufführen. Ihr gehe es um den Moment des Entstehens und den Moment des Zusammenkommens. Generalproben seien das Beste, weil meistens erst dann wirklich alle zusammen seien.
Die enorme Klarheit, die starke Ausdruckskraft und die weiche Romantik ihrer Stimme machen Anne Rosenstock zu einer großartigen Geschichtenerzählerin. Für ihre Soloauftritte wählt sie vielfältige Programme und probiert unterschiedlichste Kombinationen mit verschiedenen Instrumenten aus.
Neben ihrem Beruf als Sängerin sprüht sie auch bei der der Organisation von der Konzertreihe „Das kleine Konzert in der Altenhofkapelle“ vor Begeisterung und überzeugt regelmäßig Kolleginnen und Kollegen, dort aufzutreten.
Ihr sei es wichtig, „schöne Räumlichkeiten einzunehmen“, wo man Menschen zusammenbringen könne, Ausstellungen machen, Feste feiern. An der Schnittstelle zwischen Dramaturgie und Kulturmanagement arbeitet sie besonders gerne. Im Jahr 2020 hat sie durch den Beginn der Corona-Pandemie das Fernstudium „Kultur- und Medienmanagement“ an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg aufgenommen, um ihre Fähigkeiten in dem Bereich zu festigen. Darüber hinaus absolvierte sie ein 6-monatiges Volontariat bei der Kulturexperten GmbH und lernte was es bedeutet Projektarbeit durchzuführen und mit Excel-Tabellen zu kämpfen.
Ein wichtiges Thema ist für die Sängerin auch die Koordination von Arbeit und Familie. Die vielen verschiedenen Tätigkeiten und vor allem die abendlichen Operndienste machen das Leben mit Kind nicht leicht, aber für sie sei es nicht anders als bei anderen Berufen. Natürlich seien die Abenddienste eine Herausforderung, aber in der Zeit ist ihr Mann zuhause. Dafür könne sie die Nachmittage mit ihrer Tochter verbringen: „Das ist ein wunderbarer Luxus.“
In der aktuellen Spielzeit können Sie Anne Katrin Rosenstock in den Produktionen wie „Tannhäuser“, „Eine Nacht in Venedig“ und „Simone Boccanegra“, „Die Zauberflöte“, „La Traviata“, „Norma“, und „Carmen“ wieder auf der Bühne des Aalto-Musiktheaters erleben.
(Amelie Lopper, 2022)
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